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Warum so viele Sklaven-MA-Rollenspiele?

Aleco Collas
Satyr
Join date: 10 May 2007
Posts: 1,463
09-30-2008 23:20
BDSM ist mir ja nun nicht gerade fremd, aber was mich wundert ist die immer mehr anwachsende Anzahl an Rollenspielen mit Sklavenhaltung im Fantasy- oder Mittelalterumfeld. Carima hat mal so gestartet, Gor gibt es natürlich, zwei neue suchen gerade Mitspieler, eines davon von einer Mitbegründerin von Carima usw..

Was fasziniert die Leute daran, ausgerechnet in dem Umfeld die Sklavenrolle zu spielen? Ist es D/s oder was anderes?

cu
Aleco

P.S. Ich bin in Carima Barde/Bardin, ohne Sklaven.
Ezian Ecksol
Unregistered User
Join date: 25 Dec 2007
Posts: 82
10-01-2008 03:40
From: Aleco Collas
Was fasziniert die Leute daran, ausgerechnet in dem Umfeld die Sklavenrolle zu spielen?


Tiefenpsychologisch gehe ich davon aus, dass eine der Ursachen der Wunsch nach Regression in ein Kleinkindalter ist, wo jemand anders die Verantwortung trug, einem genau sagte, was man machen sollte, und was verboten ist. Ist der Prozess des Getragenwerdens einerseits und des Grenzen aufgezeigt bekommen andererseits, der sehr wichtig für die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit ist, nicht befriedigend verlaufen, kann die Persönlichkeit versuchen, so ein Defizit auszugleichen bzw. Inhalte nachzuarbeiten.

Insofern können solche RP evtl. therapeutisch sinnvoll sein. Müssen aber nicht. Laufen Dinge falsch ab, können auch alte Wunden aufreißen bzw. Defizite verstärkt werden.

In der frühkindlichen Phase, in der Ver- und Gebote entscheidend wichtig waren für die Bildung eines gesunden Egos, war die Sexualität noch nicht geweckt. Die Bindungskraft an die Eltern, bzw. besonders die Mutter wird später zur zwischenmenschlichen Bindungsfähigkeit und Sexualität umgeformt. Insofern wird bei Erwachsenen-Rollenspielen, in denen es um D/s geht, oft eine sexuelle Ausdrucksform gewählt, die im Erwachsenenalter das Äquivalent zu den frühklindlichen Bindung zwischen Elternteil und Kleinkind darstellt.
Quentin Guyot
Registered User
Join date: 16 Mar 2007
Posts: 1
10-02-2008 04:47
From: Ezian Ecksol
Tiefenpsychologisch gehe ich davon aus...


Klar, ist richtig...irgendwie immer ..*lol*

Man kann das sogar noch weiter treiben :

Seit meiner SL-Anfangszeit ist mir die fast ausschliessliche Sehnsucht gerade der deutschen RPler/innen nach einem "Mittelalter" bzw. nach einer Pseudo-Antike (Gor) extrem aufgefallen---und das gleichzeitige Fehlen von (fast) jedem Dark-Urban oder gar Dark-Future-RP;
im Gegensatz zum englischen Sprachraum, wo zwar auch "Vergangenheit" gespielt wird, aber gleichzeitig eine Unzahl von Klasse Gegenwarts-und Zukunfts-RPs existiert.

Hat sich zwar in letzter Zeit durch einen kleinen Zustrom jüngerer SLer/innen ETWAS
relativiert, der Gesamteindruck bleibt aber:
ein extrem starkes Regressionsbedürfnis der deutschen SL-Rpler; quasi als Spiegelbild der
deutschen SL-User UND der deutschen Mehrheitsgesellschaft INSGESAMT (wenn denn eine
Plattform wie SL wirklich ein Spiegelbild der RL-Gesellschaft sein sollte :P)

Insgesamt wärs natürlich irgendwie ungut, wenn "Gegenwart" und "Zukunft" noch nicht mal mehr die FANTASIE der deutschen "communities" reizen könnten...andererseits:
ist das eigentlich auch alles egal...:P
Shirlee Iuga
Gruftschlampe ;-)
Join date: 1 Jul 2007
Posts: 35
10-02-2008 14:31
From: Aleco Collas
BDSM ist mir ja nun nicht gerade fremd, aber was mich wundert ist die immer mehr anwachsende Anzahl an Rollenspielen mit Sklavenhaltung im Fantasy- oder Mittelalterumfeld. Carima hat mal so gestartet, Gor gibt es natürlich, zwei neue suchen gerade Mitspieler, eines davon von einer Mitbegründerin von Carima usw..

Was fasziniert die Leute daran, ausgerechnet in dem Umfeld die Sklavenrolle zu spielen? Ist es D/s oder was anderes?

cu
Aleco


Das ist eine Interessante Frage.
Dass die deutschen Rollenspieler eher ins Fantasy und ins Mittelalter abdriften kann daran liegen, dass wir als deutsche damit mehr Berührungspunkte haben als die Amis.

Bei denen gilt ein Haus von 1820 als "uralt". Aber wenn du durch manche deutsche Stadtgebiete gehst, dann gehst du zwischen Häusern hindurch, die sind ein halbes Jahrhundert alt, und wenn du in Trier in den Dom gehst, dann stehst du in einem Bauwerk, das schon seit über 1500 Jahren existiert.
Das Mittelalter ist bei uns einfach ein wenig greifbarer und näher - und auch ein Idealbild, nicht zuletzt weil es durch die Romantik des 18./19.Jahrhunderts gnadenlos verklärt und verherrlicht wurde. Ich denk mal "Lohengrin", "Der Ring des Nibelungen" usw., das sind Werke, die dieses Disney-Mittelalter stark prägen, das sich in den meisten Rollenspielen wiederfindet. Dem "echten Mittelalter", mit Massenarmut und allgemeinem Elend, Seuchenkrankheiten und einer (aus heutiger Sicht) äußerst rohen und brutalen Gesellschaft, die nach absurden Paradigmen lebt, dem begegnet man höchsten in "Dark-Fantasy" Rollenspielen.
In der Regel springen da buntbekleidete Menschen durch die Landschaften mit wunderschönen Steinhäusern und blumengeschmückten Fenstern (die alles, nur nicht mittelalterlich sind..), und wenn sie miteinander reden, dann tun sie das in einer Sprache, die sich angeblich mittelalterlich anhört, und deren Eigenheit darin besteht möglichst in der 3. Person zu reden und vornehm zu klingen.

Dass damals nur die Oberschicht so geredet hat, wenn überhaupt, dass damals die meisten Leute einfach arme Bauern waren, die sich nur einfache selbstgemachte Kleidung leisten konnten und von bunten Seidenroben allenfalls mal zu träumen gewagt haben, dass damals die Hauptmahlzeit eines Bauern nicht das Wildschwein war, sondern dass es 300 Tage im Jahr nur ein wenig Grütze aus Roggenschrot und Schmalz oder Öl war, dass damals die Leute an einem kleinen Schnitt in den Finger gestorben sind wenn sich die Wunde entzündet hat, all das wird im RP aber normal ausgeblendet.


Und so ist es auch mit der Sklaverei.
In den allerwenigsten RPs sind das wohl echte, realistische Sklavendarstellungen. Hin und wieder sind das wohl Leibeigene oder sowas, die dargestellt werden (und über die der Herr im Gegensatz zum Sklaven nur bedingt verfügen konnte), und wenn tatsächlich mal Sklaven dargestellt werden, dann meist auf eine spielerische und harmlose Weise.
Und so sind die "Sklaven" da im RP meist auch nicht wirklich Sklaven. Sondern eher eine besondere Form der Charaktere.

Das Gesicht von Gor, so wie es Norman in seinen Büchern beschreibt, menschenverachtend, frauenfeindlich und diskriminierend, das findest du auch in SL eigentlich kaum. In "RL Gor" sind die versklavten Frauen soviel Wert wie Dreck, sie stehen auf der Stufe eines Tiers oder gar darunter, sie sind ein etwas, das nach Lust und Laune vergewaltigt und missbraucht werden kann. Und das dabei noch Spass empfindet.
So sind auch die meisten Gor-Sklaven keine echten Sklaven, sie haben ihre Limits und sie lassen sich auch nicht wirklich zu dingen zwingen, die sie nicht wollen.
Nicht zuletzt weil es in SL überhaupt keinen technischen Zwang gibt - man kann sich jederzeit seiner Fesseln entledigen und weg-Teleportieren.
Selbst mit speziellen Viewern, die das einschränken ist das nicht anders: Man kann jederzeit mit dem normalen Viewer einloggen.
Das Sklaven spielen ist so oft auch nicht anders als das "Herren" spielen. Man muss zwar oft gehorchen, hat aber dafür dann auch wieder andere Vorteile. Und sei es nur die sexuelle Betätigung in Gor *g*

Wirkliche Sklaverei gibts so in den RPs eher nicht mal denk ich.
Man kann das nicht mit der Sklaverei im RL vergleichen.

Und die paar, die "echte Sklaverei" in SL praktizieren, mit psychischem Druck oder mit dem Zwang "Wenn du nicht machst was ich sage wirst du hier und dort gebannt" oder so.. nun ja...
Bei 500 000 aktiven Usern gibt es immer eine kleine Prozentzahl, die ein bisschen psychische Probleme oder sowas haben. Das lässt sich wohl nicht vermeiden, SL ist auch nur ein Abbild unserer Gesellschaft.
Aber warum sich jemand auf sowas einlässt...entweder man rutscht in die psychische Abhängigkeit ein bisschen rein, oder man hat eben vorher schon ein Problem damit gehabt.
Aleco Collas
Satyr
Join date: 10 May 2007
Posts: 1,463
10-06-2008 09:40
Danke, da waren ein paar gute Anstöße bei. Es stimmt schon, die Sklavenrolle in SL hat in den allerwenigstens Fällen etwas mit historischen Vorbildern zu tun, sondern ist höchstens eine stilisierte Form.

Die Geschichte mit Niebellungenlied, germanischen Sagen, einem recht lebendigen Pantheon mit Geschichten, die einer Soapopera den Rang ablaufen, all dies haben z.B. die US-Amerikaner eher nicht. Bleibt noch die Sklavenrolle an sich.

Vielleicht spielt doch auch rein, was ich teilweise argwöhne: Die Sklavenrolle wird als leichter Einstieg ins RP gesehen, da einem ja alles gesagt wird, was man machen soll, man sich also kaum daneben benehmen kann.

cu
Aleco